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Genfer Abkommen – Leicht verständlich (Stand: 2012)

Als Essenz des humanitären Völkerrechts schützen die Genfer Abkommen Menschen vor Grausamkeit und Unmenschlichkeit im Krieg. Auf diesen Seiten werden die Genfer Abkommen und ihre Zusatzprotokolle in allgemeinverständlicher Sprache vorgestellt.

A. Eine kurze Einführung

1. Die Entwicklung der Genfer Abkommen

Verfolgt man die Geschichte der Menschheit bis zu ihren Anfängen zurück, kommt man zu der Erkenntnis, dass sie immer auch von Unmenschlichkeit begleitet war. Insbesondere in Kriegszeiten tritt diese Unmenschlichkeit verstärkt auf. Damit das menschliche Leiden in einem bewaffneten Konflikt zumindest etwas gelindert wird, wurden gewisse Regeln der Menschlichkeit festgelegt, die im Wesentlichen in den vier Genfer Abkommen und ihren drei Zusatzprotokollen enthalten sind.

Die Rotkreuz-/Rothalbmondbewegung und die Genfer Abkommen beruhen auf der humanen Idee des Schweizer Geschäftsmanns Henry Dunant. Dieser reiste im Juni des Jahres 1859 nach Norditalien und wurde dabei Zeuge, wie sich Österreicher, Franzosen und Italiener bei Solferino eine blutige Schlacht lieferten. Am Abend blieben zu Dunants Entsetzten rund 40 000 Opfer unversorgt auf dem Schlachtfeld zurück.

Diese schrecklichen Erinnerungen ließen Dunant nicht mehr los, und er veröffentlichte 1862 ein Buch unter dem Titel: „Eine Erinnerung an Solferino“. Mit diesen Buch wollte Dunant jedoch mehr, als nur über die Gräuel eines vergangenen Krieges berichten: Er wollte vielmehr dafür sorgen, dass sich solche Gräuel nicht mehr wiederholen sollten. Er selbst bot in diesem Buch denn auch zwei Anregungen: Zum einen forderte er die Gründung von Hilfsgesellschaften schon in Friedenszeiten, deren ausgebildetes Pflegepersonal auch im Falle eines Krieges neutral bleibt und alle Verwundeten gleichermaßen betreut. Zum anderen setzte er sich für den internationalen Schutz dieses Pflegepersonals ein, damit es im Krieg geschützt werde und ohne Hindernisse Hilfe leisten könne. 

Seine Anregungen fanden sehr schnell Befürworter und aufgrund dessen bildete sich das „Internationale Komitee der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege“, das sich mit der Zeit zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz entwickelte. Schon bald darauf, vom 26. bis 29. Oktober 1863, fand in Genf eine internationale Konferenz statt, zu der Vertreter aus 16 Ländern und 4 philanthropischen Vereinigungen zusammenkamen, alle mit dem Gedanken, auch in Kriegszeiten Menschlichkeit zu beweisen.

Der Kongress äußerte den Wunsch, die kriegführenden Mächte mögen in bewaffneten Konflikten die Feldlazarette und Spitäler, das Sanitätspersonal der Armeen, die freiwilligen Helfer und die Verwundeten für neutral erklären und für die geschützten Personen und Güter ein gemeinsames Kennzeichen bestimmen. Allerdings kam es in beiden Fragen zu keiner verbindlichen Regelung.

Aus diesen Gründen berief die Schweizer Regierung 1864 eine diplomatische Konferenz nach Genf ein, die die Vertreter von 12 Regierungen dazu brachte, einem vom Internationalen Komitee ausgearbeiteten Vertrag mit dem Titel „Genfer Konvention zur Verbesserung des Schicksals der verwundeten Soldaten der Armeen im Felde“ zuzustimmen. Diese Konvention erfüllte die Wünsche des Kongresses von 1863 und stellte die Aufnahme und Pflege der Verwundeten beider Kriegsparteien in den Vordergrund, ohne Unterschied der Nationalität. Als Kennzeichen wurde das rote Kreuz auf weißem Grund gewählt.

Die späteren Kriege zeigten jedoch, dass die von Henry Dunant angeregten und später erweiterten Schutzbestimmungen nicht ausreichten. 1949, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wurden deswegen die vier überarbeiteten und ergänzten Genfer Abkommen verabschiedet, die auch heute noch in Kraft sind. 1977 bzw. 2005 wurden diese durch zunächst zwei und dann ein drittes Zusatzprotokoll ergänzt.

2. Der Grundsatz der Genfer Abkommen

„Personen, die nicht unmittelbar an den Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Mitglieder der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung, Gefangennahme oder irgendeine andere Ursache außer Kampf gesetzt sind, werden unter allen Umständen mit Menschlichkeit behandelt, ohne jede auf Rasse, Farbe, Religion oder Glauben, Geschlecht, Geburt oder Vermögen oder auf irgendeinem anderen ähnlichen Unterscheidungsmerkmal beruhende Benachteiligung“. (Art. 3 II GA I-IV)

Dieser Satz, der sich in allen vier Genfer Abkommen an gleicher Stelle mit identischem Wortlaut findet, stellt die Grundlage der gesamten Abkommen und zugleich ihre Kurzfassung dar. Er gilt in jeder kriegerischen Auseinandersetzung, unabhängig davon, ob die kriegführenden Mächte die Genfer Abkommen ratifiziert haben oder nicht.

Dieser Satz, der sich in allen vier Genfer Abkommen an gleicher Stelle mit identischem Wortlaut findet, stellt die Grundlage der gesamten Abkommen und zugleich ihre Kurzfassung dar. Er gilt in jeder kriegerischen Auseinandersetzung, unabhängig davon, ob die kriegführenden Mächte die Genfer Abkommen ratifiziert haben oder nicht.

Schon die strikte Einhaltung allein dieses Satzes würde helfen, die Grausamkeiten und das Leid des Krieges zu lindern, zumindest für diejenigen, die nicht (mehr) aktiv an den Kämpfen beteiligt sind. Um diesen Personenkreis geht es in allen vier Genfer Abkommen und den Zusatzprotokollen.   

Wem der Schutz der einzelnen Abkommen gilt, lässt sich aus den Titeln ablesen:  

  • I. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde vom 12.August 1949
  • II. Genfer Abkommen zur Verbesserung des Loses der Verwundeten, der Kranken und der Schiffbrüchigen der bewaffneten Kräfte zur See vom 12. August 1949
  • III. Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen vom 12. August 1949 
  • IV. Genfer Abkommen über den Schutz der Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949
  • I. Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte
  • II. Zusatzprotokoll vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte
  • III. Zusatzprotokoll vom 8. Dezember 2005 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens

Die Kenntnis dieser Übereinkünfte und ihre Befolgung können das Leid des Krieges lindern helfen. Es ist deshalb eine der Hauptaufgaben der weltweiten Rotkreuz-/ Rothalbmondbewegung, dafür zu sorgen, dass die Genfer Abkommen und ihre Zusatzprotokolle eine weite Verbreitung finden, d. h. dass möglichst viele Staaten sie ratifizieren und umsetzen, um so den Regeln der Menschlichkeit auch im Krieg Geltung zu verschaffen.

3. Benutzungshinweis

Die Genfer Abkommen und die Zusatzprotokolle werden „GA“ und „ZP“ abgekürzt. Römische Ziffern dahinter bezeichnen das jeweilige Genfer Abkommen, bzw. Zusatzprotokoll. Werden mehrere Artikel eines Abkommens oder Protokolls als Fundstelle angeführt, wird auf die dauernde Wiederholung des Abkommens oder Protokolls verzichtet.

Die einzelnen Bestimmungen werden als Artikel bezeichnet. Innerhalb der Artikel werden Absätze mit römischen Ziffern nummeriert. Buchstaben innerhalb von Absätzen steht die Bezeichnung „lit.“ vorweg.

Die Darstellung kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie soll lediglich in verständlicher Form die wichtigsten Bestimmungen kurz darstellen. Für die genauen Regelungen empfehlen wir die Volltexte mit entsprechender Kommentierung.
Insbesondere angegebene Fundstellen sind exemplarisch zu verstehen und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

B. Der Schutz der Zivilbevölkerung

1. Wie muss die Zivilbevölkerung generell behandelt werden?

Das IV. Genfer Abkommen schützt die Zivilbevölkerung vor Angriffen und unmenschlicher Behandlung. Zivilpersonen sind alle Personen, die nicht den bewaffneten Streitkräften angehören und die nicht direkt an den militärischen Handlungen teilnehmen. Zivilpersonen dürfen niemals angegriffen werden und sind zu schonen. (Art. 51 II ZP I; Art. 13 ZP II) Dies schließt auch unterschiedslose Angriffe aus, z. B. Flächenbombardements von Großstädten. (Art. 51 IV, V ZP I)

Alle Zivilpersonen sind immer nach den Grundsätzen der Menschlichkeit zu behandeln. Sie dürfen nicht wegen ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, Religion, Staatsangehörigkeit oder ähnlichem benachteiligt werden. (Art. 3, Nr. 1; 13; 27 III ; 37 I GA IV; Art. 75 I ZP I; Art. 4 ZP II).

Die am Konflikt beteiligten Parteien sind dazu verpflichtet, in jeder möglichen Weise die infolge bewaffneter Konflikte getrennten Familien zusammenzuführen (Art. 74 ZP I; Art. 4 III lit. b ZP II). Dabei sollte besonders die Tätigkeit humanitärer Organisationen gefördert werden, die sich dieser Aufgabe widmen (Art. 74 ZP I).

2. Behandlung von Zivilpersonen nach einer Besetzung

a) Wie muss die Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet behandelt werden?

Grausamkeiten jeder Art (Folterung, Verstümmelung, medizinische oder wissenschaftliche, nicht durch ärztliche Behandlung gerechtfertigte Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit), die körperliches Leiden oder den Tod der Zivilpersonen zur Folge haben, sind ausdrücklich verboten (Art. 32 GA IV).

Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zivilpersonen und ihr Eigentum sind ebenfalls untersagt (Art. 33 III GA IV). Ihr Eigentum ist zu respektieren. Aus diesem Grunde sollte es nicht zu Plünderungen kommen (Art. 33 II GA IV).

Die Anwesenheit einer Zivilperson darf nicht dazu benutzt werden, um Kampfhandlungen von gewissen Punkten oder Gebieten fernzuhalten; so dürfen sie nicht als „menschliche Schutzschilde“ benutzt werden (Art. 28 GA IV; Art. 51 VII ZP I). Sie dürfen auch nicht als Geiseln genommen werden (Art. 34 GA IV).

b) Darf die Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet bleiben und dürfen gegnerische Zivilisten angesiedelt werden?

Den Zivilpersonen in besetzten Gebieten ist es freigestellt das besetzte Gebiet jederzeit zu verlassen (Art. 48 GA IV). Eine Zwangsumsiedlung durch die Besatzungsmacht ist ohne Rücksicht auf deren Beweggründe streng verboten (Art. 49 I GA IV). Allerdings darf die Besatzungsmacht eine Räumung gewisser Gebiet durchführen, wenn die militärische oder die Sicherheitslage dies gebietet (Art. 49 II GA IV). In einem solchen Fall hat die Besatzungsmacht für die Unterbringung, Verpflegung und Sicherheit der Zivilbevölkerung des geräumten Gebietes zu sorgen.
Weiterhin darf die Besatzungsmacht keine Zivilisten ihres eigenen Landes in die besetzten Gebiete verschleppen oder verschicken (Art. 49 VI GA IV).

c) Wie muss die Versorgung der Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet gewährleistet werden?

Bleibt die Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet, so ist sie auch weiterhin so geschützt, wie dies auf den vorhergehenden Seiten dargestellt wurde (Art. 47 GA IV). Die feindliche Macht ist dazu verpflichtet, die Bevölkerung mit Lebens- und Arzneimitteln zu versorgen (Art. 55 I GA IV) und das Gesundheitswesen in diesem Gebiet aufrechtzuerhalten (Art. 56 I GA IV; 14 ZP I).

d) Darf die Zivilbevölkerung zu Arbeiten gezwungen werden?

Der Einsatz von geschützten Personen zu Arbeiten ist genauen Regeln unterworfen. Man kann sie zur Arbeit heranziehen, wenn sie über 18 Jahre alt sind. Jedoch dürfen sie dabei nicht zu Arbeiten gezwungen werden, die im militärischen Zusammenhang stehen (Art. 51 II GA IV).

e) Welches Recht gilt für die Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet?

Nach einer Besetzung gilt das Recht des besetzten Staates grundsätzlich weiter. Die Besatzungsmacht kann jedoch Regeln suspendieren oder neue Bestimmungen schaffen, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen. (Art. 64 GA IV)
Eine Verurteilung kann nur aufgrund eines rechtsstaatlichen Verfahrens erfolgen. (Art. 33 I, 64-77 GA IV; Art. 75 IV ZP I; Art. 6 ZP II)

f) Wo kann sich die Zivilbevölkerung beschweren?

Zivilpersonen haben jederzeit das Recht sich an die nationale Rotkreuz-/ Rothalbmondgesellschaft oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zu wenden. (Art. 30 I GA IV)

3. Wie sind Frauen zu behandeln?

Frauen sind mit der ihrem Geschlecht gebührenden besonderen Rücksicht zu behandeln (Art. 12 V GA I; Art. 12 IV GA II; Art. 14 II GA III; Art. 16 I GA IV). Sie sind immer vor Vergewaltigung und jeder unsittlichen Handlung zu schützen. Auch jede angewandte Gewalt oder Drohung, um sie zur Prostitution zu zwingen ist untersagt (27 II GA IV; Art. 76 I ZP I).

Schwangere Frauen und Mütter von kleinen Kindern werden im Falle ihrer kriegsbedingten Verhaftung oder Internierung vorrangig anderen Fällen behandelt, z. B. bei der medizinischen Versorgung oder Gerichtsverfahren. (Art. 76 II ZP I) Eine verhängte Todesstrafe darf gegen solche Personen nicht vollstreckt werden. (Art. 76 III ZP I)

Ansonsten gelten für Frauen die allgemeinen Vorschriften für Zivilpersonen und Internierungen.

4. Wie sind Kinder zu behandeln?

Die feindliche Macht, die fremdes Staatsgebiet besetzt hält, soll besonders für die Bedürfnisse der Kinder sorgen. Sie sind gut unterzubringen und zu verpflegen. Zudem sollen sie in ihrem kulturellen Umfeld verbleiben: Hierzu soll ihnen ermöglicht werden, ihren Glauben auszuüben und zur Schule zu gehen (Art. 50 I GA IV; Art. 77 I ZP I).

Um die von ihren Angehörigen getrennten Kinder und Waisen müssen sich die kriegführenden Parteien ebenfalls kümmern. Sollte die Identität der Kinder nicht bekannt sein, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um sie zu ermitteln (Art. 50 II, IV GA IV) und eine zügige Familienzusammenführung zu ermöglichen (Art. 74 ZP I).

Die Besatzungsmacht darf weder den Familienstand der Kinder verändern, sie z. B. zur Adoption freigeben, noch sie in eigene Organisationen eingliedern (Art. 50 II GA IV).

Evakuierungen sind nur in Ausnahmefällen, d. h. nur aus Gesundheits- oder Sicherheitsgründen zulässig. (Art. 78 I ZP I) Zu einer Evakuierung auf Zeit muss die Vormundschaft der Kinder ihr schriftliches Einverständnis geben (Art. 78 I ZP I; Art. 4 III lit. e ZP II). Um die Rückkehr der Kinder zu ihren Familien und in ihr Land zu erleichtern, sollte jedem Kind eine mit einem Lichtbild versehene Karte, die Angaben über das entsprechende Kind beinhaltet, ausgestellt und dem Zentralen Suchdienst des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz übermittelt werden (Art. 78 III ZP I). Im Evakuierungsort ist für entsprechende religiöse und sittliche Erziehung der Kinder zu sorgen (Art. 78 II ZP I).

Werden Kinder verhaftet oder inhaftiert, so sind sie getrennt von Erwachsenen unterzubringen, sofern nicht Familien gemeinsam untergebracht werden. (Art. 77 IV ZP I) Es muss ihnen Möglichkeit gegeben werden, eine Schule zu besuchen. (Art. 94 II GA IV)

Auch wenn Kinder in einem ordentlichen Verfahren wegen einer Tat, die im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt steht, zum Tode verurteilt wurden, darf dieses Urteil nicht vollstreckt werden. (Art. 77 V ZP I)

Ein besonderes Problem stellen in diesem Zusammenhang die so genannten „Kindersoldaten“ dar. Generell sollen Kinder unter 15 Jahren nicht an Feindseligkeiten teilnehmen, zudem sollen bei Heranziehung der 15- bis 18-jährigen zuerst die älteren berücksichtigt werden. (Art. 77 II ZP I)

Ansonsten gelten im Bezug auf Kinder die gleichen Vorschriften wie gegenüber anderen Zivilpersonen.

5. Wie sind Ausländer im Konfliktgebiet zu behandeln?

Wenn sich Ausländer in einem am Konflikt beteiligten Staat befinden, dürfen sie das Land verlassen, falls dadurch nicht die Sicherheit des Landes gefährdet wird (Art. 35 I GA IV). Falls sie jedoch nicht ausreisen dürfen oder freiwillig im Lande bleiben, sind sie wie in Friedenszeiten zu behandeln (Art. 38 I GA IV).

Generell gilt auch hier der Grundsatz der menschlichen Behandlung (Art. 3 GA IV; Art. 75 I ZP I).

Sofern sie es wünschen, können sie einer beruflichen Tätigkeit nachgehen (Art. 39 I GA IV). Zwingt man sie zur Arbeit, so haben sie Anspruch auf die gleichen Arbeitsbedingungen wie die Angehörigen des besetzten Landes (Art. 40 I, II GA IV). Außerdem darf ihre Tätigkeit, wenn sie feindlicher Nationalität sind, nicht unmittelbar der Kriegführung dienen (Art. 40 II GA IV).

Reichen nach Ansicht des Gewahrsamsstaates die bereits bestehenden Sicherheitsvorkehrungen nicht aus, so können Ausländer interniert werden (Art. 41 I GA IV). Die Internierung ist gleichzeitig die schärfste Kontrollmaßnahme, die der Gewahrsamsstaat ergreifen darf.

6. Wie müssen Journalisten geschützt werden?

Wenn Journalisten im Kriegsgebiet gefährliche berufliche Aufträge ausführen, gelten sie ebenfalls als Zivilpersonen (Art. 79 I ZP I). Demnach sind sie geschützt, sofern sie nichts unternehmen, was ihren Status als Zivilperson beeinträchtigen könnte (Art. 79 II ZP I). Damit sie sich in Kriegszonen als Journalisten ausweisen können, kann ihnen ein entsprechender Ausweis von der Regierung des Staates, dem sie angehören, ausgestellt werden (Art. 79 III ZP I).

7. Behandlung von internierten Personen

a) Wie sind internierte Personen zu behandeln?

Kriegsparteien und neutrale Staaten haben die Möglichkeit, Personen aus Staaten, die am Konflikt beteiligt sind in Lagern zu internieren. (Art. 41; 78; 79 GA IV) Dies ist jedoch nur aus zwingenden Sicherheitsgründen zulässig.

Die Kosten für eine Internierung dürfen den Betroffenen nicht in Rechnung gestellt werden. Sofern Personen hinsichtlich ihres Lebensunterhaltes von der internierten Person abhängig sind (z.B. Kinder), hat der Gewahrsamsstaat für sie zu sorgen. (Art. 81 GA IV)

b) Welchen Schutz genießen die Internierten?

Insassen von Internierungslagern sind soweit wie möglich vor den Auswirkungen von Kampfhandlungen zu schützen. (Art. 83, 88 GA IV) Die Unterbringung muss menschenwürdig sein. (Art. 85 II GA IV) Frauen und Männer sind getrennt unterzubringen (Art. 85 IV GA IV), Familien, insbesondere mit kleinen Kindern, gemeinsam (Art. 82 II, III GA IV).

Die Ernährung der Internierten muss ausreichend und nahrhaft sein. (Art. 89 GA IV) Die Bekleidung muss den Witterungsverhältnissen und Tätigkeiten angepasst sein. (Art.  90 GA IV)

Es muss durch den Gewahrsamsstaat angemessene Vorsorge für die medizinische Versorgung getroffen werden. (Art. 91 I, II GA IV) Es darf hierbei keine Ungleichbehandlung zwischen Internierten und der sonstigen einheimischen Bevölkerung geben. ( Art. 91 II GA IV) Einmal monatlich hat eine Untersuchung durch einen Arzt stattzufinden. (Art. 92 GA IV)

c) Dürfen die Internierten ihre Religion sowie geistige und körperliche Betätigungen ausüben?

Internierte Personen können soweit wie möglich ihre Religion ausüben. Falls benötigt, hat sich die Gewahrsamsmacht um seelsorgerisches Personal zu bemühen. (Art. 93 GA IV)

In Internierungslagern hat die Gewahrsamsmacht Angebote zur geistigen, erzieherischen, sportlichen und der Erholung dienenden Betätigung zu schaffen. (Art. 94 GA IV) Hierbei ist auf Altersunterschiede Rücksicht zu nehmen.

Internierte dürfen nicht zur Arbeit gezwungen werden. (Art. 95 I GA IV) Sie können jedoch zu Arbeiten innerhalb des Lagers, die der medizinischen Versorgung oder der Lagerverwaltung/-instandhaltung dienen, herangezogen werden. (Art. 95 III GA IV)
Unabhängig davon, ob die Arbeit freiwillig oder unter Zwang erfolgt, muss eine angemessene Entlohnung gezahlt werden und es müssen zumutbare Arbeitsbedingungen herrschen. (Art. 95 IV GA IV)

d) Dürfen die internierten Personen ihr Eigentum behalten?

Gebrauchs- und Wertgegenstände sollen bei ihren jeweiligen Eigentümern verbleiben. Sofern Wertgegenstände aufgrund bestehender Verfahrensvorschriften eingezogen werden, darf dieses nur gegen Quittung geschehen. Sie sind nach Ende der Inhaftierung zurückzugeben. Persönliche Gegenstände, z. B. Fotos, sind von der Beschlagnahme ausgeschlossen. (Art. 97 GA IV)

e) Welche Grundsätze gelten hinsichtlich Verwaltung und Disziplin im Internierungslager?

Das Verwaltungs- und Disziplinarsystem innerhalb der Lager muss den Grundsätzen der Menschlichkeit und des Rechtsstaates entsprechen und gewisse Mindeststandards wahren. (Art. 99; 100 GA IV; Art. 6 ZP II) Bei Verstößen dagegen können sich die Internierten an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wenden. (Art. 101 GA IV)

f) Dürfen die Internierten mit der Außenwelt korrespondieren?

Internierte haben das Recht, Sendungen zu verschicken und zu empfangen. (Art. 107 I GA IV) Eine Zensur ist zulässig, hat jedoch zügig zu erfolgen. (Art. 112 I GA IV) Internierte können Besuche empfangen und in dringenden Fällen (z.B. Todesfällen) ist ein Besuch zuhause zu ermöglichen. (Art. 116 GA IV)

Jederzeit können sich Internierte an die Behörden des internierenden Landes, die Schutzmacht oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wenden. Ebenfalls haben die Schutzmacht oder das Internationale Komitee vom Roten Kreuz jederzeit ein Besuchsrecht, das ein Recht auf vertrauliche Gespräche mit Internierten beinhaltet.

g) Was muss nach einem Todesfall in einem Internierungslager geschehen?

Im Falle des Todes eines Internierten muss die Todesursache festgestellt werden (Art. 129 II GA IV) und, sofern sich Anhaltspunkte für einen gewaltsamen Tod ergeben, eine Untersuchung stattfinden (Art. 131 GA IV). Der Tote ist dann würdig zu bestatten, wobei die Riten seiner Religion nach Möglichkeit befolgt werden. (Art. 130 I GA IV)

h) Wann müssen die Internierten freigelassen werden?

So schnell wie möglich (Art. 132 I GA IV), spätestens jedoch nach Beendigung der Feindseligkeiten sind die Internierten freizulassen (Art. 133 I GA IV).

8. Schutz der zivilen Infrastruktur

a) Welchen Schutz genießen zivile Einrichtungen?

Alle nicht militärischen Ziele sind zivile Objekte. Diese Objekte dürfen weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden (Art. 52 I ZP I). Aus diesem Grund dürfen Kriegshandlungen nur gegen militärische Ziele gerichtet werden (Art. 48 ZP I), die aufgrund ihrer Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt (Art. 52 II ZP I).

Durch die klare Differenzierung zwischen zivilen und militärischen Objekten versteht es sich von selbst, dass zivile Objekte, wie zum Beispiel Kultstätten, Häuser, Schulen nicht dazu missbraucht werden dürfen, um militärische Handlungen zu unterstützen (Art. 52 III ZP I).

b) Welchen Schutz genießen die für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte?

Es ist verboten, die für die Zivilbevölkerung lebensnotwendigen Objekte, wie zum Beispiel landwirtschaftliche Gebiete, Ernte- und Viehbestände, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln genutzt werden, oder Trinkwasserversorgungsanlagen und -vorräte sowie Bewässerungsanlagen, anzugreifen, zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu machen ( Art. 54 II ZP I; Art. 14 ZP II). Sie dürfen ebenfalls nicht zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden (Art. 54 IV ZP I).

Wenn die Objekte jedoch ausschließlich zur Versorgung der Streitkräfte verwendet werden, d. h. zur unmittelbaren Unterstützung einer militärischen Handlung, finden die Verbote keine Anwendung, falls die Zivilbevölkerung dadurch nicht einer Hungersnot ausgesetzt oder zum Weggang gezwungen wird (Art. 54 III lit. a-b ZP I).

c) Welchen Schutz genießen Kulturgut und Kultstätten?

Da geschichtliche Denkmäler, Kunstwerke oder Kultstätten zum kulturellen oder geistigen Erbe der Völker gehören, ist es verboten, feindselige Handlungen gegen sie zu begehen, sie zum Gegenstand von Repressalien zu machen oder zur Unterstützung von militärischen Einsätzen zu verwenden (Art. 53 ZP I; Art. 16 ZP II).

d) Welchen Schutz genießen Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten?

Selbst wenn Staudämme, Deiche und Kernkraftwerke militärische Ziele darstellen, dürfen sie nicht angegriffen werden, sofern diese Anlagen oder Einrichtungen durch einen Angriff gefährliche Kräfte freisetzen und schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung verursachen können (Art. 56 I ZP I; Art. 15 ZP II). Gleiches gilt für andere militärische Ziele, die sich an diesen Anlagen und Einrichtungen oder in deren Nähe befinden, da dadurch das Leben der Zivilpersonen ebenfalls in Gefahr gebracht werden könnte (Art. 56 I ZP I).

Staudämme, Deiche und Kernkraftwerke können allerdings Angriffen ausgesetzt werden, wenn sie zur regelmäßigen, bedeutenden und unmittelbaren Unterstützung von Kriegshandlungen und nicht zu ihren gewöhnlichen Zwecken benutzt werden. Dabei sollte davor geprüft werden, dass ein solcher Angriff das einzige praktisch mögliche Mittel ist, um diese Unterstützung zu beenden (Art. 56 II lit. a-c ZP I) und alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen wurden, um das Freisetzen gefährlicher Kräfte zu verhindern (Art. 56 III ZP I). Um solche Situationen zu vermeiden, müssen sich die am Konflikt beteiligten Parteien darum bemühen, keine militärischen Ziele in Nähe der eben genannten Anlagen und Einrichtungen anzulegen (Art. 56 V ZP I).

C. Schutz der verwundeten, kranken und schiffbrüchigen Soldaten

1. Wie sind verwundete, kranke und schiffbrüchige Soldaten zu behandeln?

Verwundete, kranke oder schiffbrüchige Soldaten sind mit Menschlichkeit zu behandeln. (Art. 12 II GA I; Art. 12 II GA II; Art. 10 II ZP I; Art. 7 I ZP II) Ein Unterschied darf nur im Sinne von leicht oder schwer verletzt/krank bestehen. (I. und II. Genfer Abkommen, Art. 12 III GA I/ II; Art. 10 II ZP I; Art. 9 II ZP II)

Geraten sie im Falle eines bewaffneten Konflikts in Feindeshand, werden sie zu Kriegsgefangenen (Art. 14 GA I; Art. 16 GA II).

Vergeltungsmaßnahmen gegen verwundete, kranke und schiffbrüchige Soldaten sind untersagt (Art. 46 GA I; Art. 47 GA II).

2. Wie sind schiffbrüchige, verwundete und kranke Soldaten zu bergen?

Nach jedem Kampf sind verwundete, kranke und schiffbrüchige Soldaten der eigenen Reihen und der gegnerischen Streitkräfte zu suchen und zu bergen, um eine ihnen zustehende medizinische Versorgung zu ermöglichen. Außerdem wird dadurch verhindert, dass sie Beraubungen und Misshandlungen ausgesetzt werden (I. Genfer Abkommen, Art. 15 I GA I; Art. 18 I GA II; Art. 8 ZP II).

Um entsprechende Maßnahmen ermöglichen zu können, muss entweder eine Feuerpause oder ein Waffenstillstand vereinbart werden, wann immer dies die Umstände gestatten. In dieser Zeit werden die Soldaten geborgen und abtransportiert oder gegen gefangen genommene Verwundete der gegnerischen Seite ausgetauscht (Art. 15 II, III GA I; Art. 18 GA II).

Zivilpersonen dürfen nicht behindert werden, Verwundete und Kranke, gleich welcher Staatsangehörigkeit, zu bergen und zu pflegen (Art. 18 II GA I; Art. 18 I ZP II) und sie dürfen deshalb auch nicht benachteiligt oder bestraft werden (Art. 18 III GA I; Art. 17 ZP I).

3. Wie müssen die verwundeten, kranken und schiffbrüchigen Soldaten gepflegt werden?

Es ist streng verboten, Gesundheit oder Leben der verwundeten, kranken und/oder schiffbrüchigen Soldaten, die sich in Feindeshand befinden, zu gefährden, insbesondere sie umzubringen, sie zu foltern, an ihnen biologische Versuche vorzunehmen, ihnen mit Absicht ärztliche Hilfe oder Pflege zu entziehen oder sie eigens dazu geschaffenen Ansteckungs- oder Infektionsgefahren auszusetzen (I. und II. Genfer Abkommen, Art. 12 II GA I/II; Art. 11 I, II ZP I).

Ortsfeste (z. B. Krankenhäuser), mobile (z. B. Feldlazarette) Sanitätseinrichtungen, Sanitäter und Sanitätstransporte sind unter allen Umständen zu schonen. (Art. 19, 24, 35 I GA I; Art. 12; 21 ZP I; Art. 9 I; 11 ZP II) Dies schließt auch Lazarettschiffe und Sanitätsflugzeuge samt deren Personal ein. (Art. 22, 24, 25, 36, 38, 39 GA II; Art. 22-24 ZP I; Art. 11 ZP II)

Sie sind deutlich mit dem jeweiligen Schutzzeichen, z.B. Rotes Kreuz auf weißem Grund, zu kennzeichnen. (Art. 38 GA I)

Gefangen genommenes Sanitätspersonal des Gegners erhält nicht den Status von Kriegsgefangenen, sondern wird, sofern es nicht zur medizinischen Versorgung der anderen Kriegsgefangenen benötigt wird, so schnell als möglich freigelassen. (Art. 28 I GA I; Art. 33 I GA III)

4. Was geschieht mit den gefallenen Soldaten?

Auch nach dem Tod eines gegnerischen Soldaten ist sein Leichnam mit der gebotenen Ehrerbietung zu behandeln. Soweit möglich, ist der Leichnam entsprechend den Riten der Religion des Verstorbenen und mit dem nötigen Respekt zu bestatten. Spätestens nach Beendigung der Kämpfe tauschen die Kriegsparteien die Listen der gegnerischen Gefallenen aus und benennen den Verbleib der sterblichen Überreste/Asche oder ermöglichen eine Lokalisierung der Grabstätte. (Art. 17 GA I; Art. 20 GA II; Art. 120 GA III; Art. 34 ZP I )

D. Schutz der gefangenen Soldaten

1. Wer ist ein Kriegsgefangener?

Personen, die in Feindeshand gefallen sind und einer der folgenden Gruppen angehören, gelten als Kriegsgefangene und sind durch das III. Genfer Abkommen geschützt:

  • Mitglieder von Streitkräften einer am Konflikt beteiligten Partei sowie Mitglieder von Milizen und Freiwilligenkorps, die in diese Streitkräfte eingegliedert sind
  • unter bestimmten Bedingungen Mitglieder anderer Milizen
  • Mitglieder regulärer Streitkräfte, die sich zu einer von der Gewahrsamsmacht nicht anerkannten Regierung oder Autorität bekennen
  • Personen, die den Streitkräften folgen, ohne in sie eingegliedert zu sein, sofern diese von den Streitkräften, die sie begleiten, zu ihrer Tätigkeit ermächtigt sind
  • Besatzungen von Handelsschiffen und Zivilluftfahrzeugen, die keine günstigere Behandlung aufgrund anderer Bestimmungen genießen
  • Die Bevölkerung eines unbesetzten Gebiets, die beim Herannahen des Feindes aus eigenem Antrieb zu den Waffen greift, um die eindringenden Truppen zu bekämpfen, sofern sie die Waffen offen trägt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges einhält
  • Personen, die den Streitkräften des besetzten Landes angehört haben und von der Besatzungsmacht interniert werden
  • Personen aus einer der genannten Gruppen, die von neutralen oder nichtkriegführenden Staaten aufgenommen wurden und aufgrund des Völkerrechts interniert werden müssen. (Art. 4 GA III)

2. Wie müssen Kriegsgefangene behandelt werden?

Die gefangen genommenen Soldaten stehen unter dem Gewahrsam des feindlichen Landes, das alles dafür tun muss, um den Soldaten trotz ihrer Gefangenschaft ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen (Art. 3 GA I-IV; Art. 12 I GA III).

Sie dürfen nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Rasse, Religion, ihres Vermögens oder Geschlechts o. ä. benachteiligt werden (Art. 3 GA III). Nur Gesundheitszustand, Geschlecht, Alter, Dienstgrad oder berufliche Eignung können eine Vorzugsbehandlung Einzelner rechtfertigen (Art. 16 GA III). Sie dürfen nicht misshandelt oder verstümmelt werden; medizinische oder wissenschaftliche Versuche irgendwelcher Art, sofern gesundheitlich nicht gerechtfertigt, sind verboten. Verboten sind ferner Einschüchterungen und Beleidigungen sowie Vergeltungsmaßnahmen. Auch sind die Gefangenen vor öffentlicher Neugier, z. B. „Zurschaustellen“, zu schützen. (Art. 13 GA III)

Bei der Befragung von Gefangenen darf kein Zwang auf sie ausgeübt werden, und körperliche oder seelische Folterungen dabei sind ebenfalls ausdrücklich verboten (Art.17 IV GA III). Ob das Zeigen von Fernsehaufnahmen gefangener Soldaten und ihre Befragung gegen das III. Genfer Abkommen verstoßen, richtet sich nach der Art und Weise, in der Aufnahmen ausgestrahlt und Befragungen durchgeführt werden. Wenn Kriegsgefangene von der einen oder der anderen Konfliktpartei schlicht in Fernsehaufnahmen gezeigt werden, verstößt dies noch nicht gegen das humanitäre Völkerrecht. Ein Verstoß ist erst dann gegeben, wenn die jeweilige Gewahrsamsmacht Gefangene so zur Schau stellt, dass sie der öffentlichen Neugier preisgegeben oder sie eingeschüchtert oder beleidigt und damit in ihrer Würde verletzt werden.

3. Was passiert mit den Soldaten nach der Gefangennahme?

Wenn Soldaten in die Hand des Gegners geraten, werden sie Kriegsgefangene und dürfen nicht mehr angegriffen, verwundet oder getötet werden (Art. 3 Nr. 1 GA III). Sie haben Anspruch auf Achtung ihrer Person und ihrer Ehre (Art. 14 I GA III).

Die Kriegsgefangenen sind dazu verpflichtet, Angaben über den Namen, Vornamen, Geburtstag, Dienstgrad und die Erkennungsnummer zu machen (Art. 17 I GA III). Zu weiteren Aussagen sind die gefangenen Soldaten weder verpflichtet, noch dürfen sie dazu gezwungen werden (Art. 17 I GA III).

So zügig wie möglich sind sie in ein menschenwürdiges Lager zu bringen, das sich außerhalb der Kampfzone befinden sollte (Art. 19 I GA III).
Sofort nach der Gefangennahme oder spätestens eine Woche nach der Ankunft in einem Lager haben die gefangenen Soldaten das Recht, die Familie und die Zentralstelle für Kriegsgefangene zu benachrichtigen (Art. 70 GA III). Danach ist es ihnen erlaubt, regelmäßig mit ihren Angehörigen zu korrespondieren und Hilfssendungen zu empfangen (Art. 71 I; Art. 72 I GA III).

4. Welchen Vorschriften und Gesetzen unterliegen die Gefangenen?

Während ihrer Gefangenschaft unterliegen die Gefangenen den Gesetzen, Verordnungen und Anordnungen, die für die Streitkräfte des Staates gelten, der sie gefangen hält. Verstößt ein Gefangener dagegen, so kann er dafür bestraft werden (Art. 82 I GA III). Jedoch muss ihm in einem solchen Fall ein reguläres gerichtliches Verfahren und der Beistand eines geeigneten Verteidigers gewährt werden (Art. 99 III GA III). Insgesamt muss eine den Vorstellungen eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens entsprechende Vorgehensweise vorgesehen sein.

5. Welche Maßnahmen muss der Gewahrsamsstaat zum Schutz der Gefangenen ergreifen?

Die Unterkunftsbedingungen dürfen für die gefangenen feindlichen Soldaten nicht schlechter als die für die eigenen Truppen sein (Art 25 I GA III).
Der Gewahrsamsstaat muss für ihren Unterhalt aufkommen. (Art. 15 GA III) Kriegsgefangene sind angemessen mit Nahrung zu versorgen. (Art. 26 GA III)
Zudem hat der Gewahrssamsstaat die Gefangenen mit der Witterung und ihrer Tätigkeit entsprechender Kleidung auszustatten. (Art. 27 GA III)

Der Gewahrsamsstaat hat für die nötige Hygiene innerhalb der Lager zu sorgen, um Krankheiten vorzubeugen. (Art. 29 GA III) Zudem hat er Krankenabteilungen für die Gefangenen einzurichten. (Art. 30 I GA III)

Kriegsgefangene haben jederzeit die Möglichkeit sich ärztlich untersuchen zu lassen (Art. 30 IV GA III); mindestens einmal monatlich ist es zur Vorbeugung von Seuchen verpflichtend vorgeschrieben (Art. 31 GA III). Die Betreuung hat, sofern vorhanden, durch ebenfalls gefangengenommenes Sanitätspersonal des Herkunftslandes der Gefangenen zu erfolgen. (Art. 30 III; 32; 33 I GA III)
Wird Sanitätspersonal einer gegnerischen Partei zurückgehalten, so darf dies nur zur Betreuung der Kriegsgefangenen oder Internierten geschehen. (Art. 28 I GA I; Art. 33 I GA III) Sie gelten nicht als Kriegsgefangene und sind so schnell wie möglich freizulassen.

6. Dürfen die Kriegsgefangenen ihre Religion ausüben?

Gefangene Soldaten können auch in Gefangenschaft ihre Religion ausüben. (Art. 34 GA III) Ebenfalls gefangen genommene Militärgeistliche (Art. 35 GA III), sofern vorhanden, ansonsten Laien oder Zivilpersonen (Art. 36 GA III), sollen ohne Behinderung ihren Dienst versehen können.

Gefangen genommene Militärgeistliche sind, sobald ihre Dienste nicht mehr benötigt werden, freizulassen.

7. Dürfen die Kriegsgefangenen ihr Eigentum behalten?

Ihr persönliches Eigentum dürfen die Kriegsgefangenen behalten (Art. 18 I GA III). Den Soldaten dürfen ihre Geldbeträge und Wertgegenstände nur gegen eine Empfangsbestätigung abgenommen werden und müssen ihnen nach Beendigung des Krieges zurückgegeben werden (Art. 18 IV-VI GA III). Von ihrer militärischen Ausrüstung sind sie berechtigt, das zu behalten, was zu ihrer Bekleidung, Verpflegung und ihrem Schutz dient (Art. 18 I GA III).

8. Zu welcher Arbeit können die Kriegsgefangenen herangezogen werden?

Gesunde Kriegsgefangene können mit Ausnahme der Offiziere zur Arbeit herangezogen werden. (Art. 49 GA III). Sie dürfen jedoch weder zu einer Arbeit militärischer Art, noch zu gefährlichen, ungesunden oder erniedrigenden Arbeiten (z.B. Minenräumen) gezwungen werden (Art. 52 I-III GA III). Bei allen Arbeiten sind ihnen die gleichen Arbeitsbedingungen zu gewähren wie den Angehörigen des Gewahrsamsstaates, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben. (Art. 51 I GA III)

9. Dürfen die Kriegsgefangenen mit der Außenwelt korrespondieren?

Kriegsgefangene haben das Recht, auf dem Postwege mit ihren Angehörigen Kontakt zu halten. (Art. 71 I GA III) Sie können auch Lebensmittel, Kleidung und andere Gegenstände empfangen. (Art. 72 I GA III) Eine Zensur darf ausschließlich aus Sicherheitsgründen erfolgen. (Art. 76 I, II GA III)

Ist ein direkter Postverkehr zwischen den Kriegführenden nicht möglich, kann das Internationale Komitee vom Roten Kreuz den Austausch der Post übernehmen.

10. Bei wem können sich die Kriegsgefangenen beschweren?

Gefangene haben jederzeit das Recht, sich bei den Behörden des Gewahrsamsstaates, einer Schutzmacht oder dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz über die Bedingungen ihrer Gefangenschaft zu beschweren. (Art. 78 I, II GA III)

Vertreter der Schutzmacht oder Delegierte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz können jederzeit Gefangenenlager besuchen, um die dort herrschenden Zustände zu begutachten. Sie können dort ohne Anwesenheit von Angehörigen der Gewahrsamsmacht mit Kriegsgefangenen sprechen. (Art. 126 GA III) Festgestellte Mängel können dann mit der Gewahrsamsmacht vertraulich erörtert werden.

11. Wann müssen Kriegsgefangene heimgeschafft oder freigelassen werden?

Wenn Kriegsgefangene schwer krank oder schwer verwundet sind, ist dafür zu sorgen, dass sie nach Hause gebracht werden (Art. 109 I GA III). Allerdings dürfen sie nach ihrer Heimschaffung nicht mehr zum aktiven Militärdienst eingesetzt werden (Art. 117 GA III).

Soldaten, die weder krank noch verwundet sind, werden nach Ende der Kampfhandlungen freigelassen (Art. 118 I GA III). Dabei ist es ihnen erlaubt, ihre persönlichen Sachen, wie zum Beispiel Briefe, erhaltene Pakete, Geldbeträge, Wertgegenstände usw. mitzunehmen (Art. 119 II GA III).

E. Das Rote Kreuz / der Rote Halbmond

1. Die Aufgaben der RotkrWelchen Schutz genießt der außer Gefecht befindlichen Gegner?euz-/Rothalbmondbewegung

a) Welche Aufgaben hat das Internationale Komitee vom Roten Kreuz?

aa) Humanitäre Aufgaben

Die Aufgabe des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz liegt in Konflikten vorrangig darin, den Verwundeten und Kranken sowie den Mitgliedern des Sanitäts- und Seelsorgepersonals Schutz und Hilfe zu gewähren. (Art. 9 GA I)
Für Kriegsgefangene werden Hilfssendungen organisiert. (Art. 72 III GA III)
Ebenso kümmert sich das Internationale Komitee vom Roten Kreuz um den Schutz von Zivilpersonen und notwendige Hilfeleistungen für diese. (Art. 10 GA IV)

bb) Ersatzschutzmacht

In Ermangelung einer anderen benannten Schutzmacht kann das Internationale Komitee vom Roten Kreuz diese Aufgabe für eine oder mehrere Konfliktparteien übernehmen. (Art. 5 III, IV ZP I) Jedoch kann es auch direkt benannt werden. (Art. 11 I GA IV) Zivilpersonen, Internierte und Kriegsgefangene können sich dann mit ihren Beschwerden oder Bitten direkt an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wenden, das diese besuchen darf (Art. 126 GA III).

cc) Zentralauskunftsstellen

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz richtet im Rahmen von kriegerischen Auseinandersetzungen Informationsstellen ein, die das Wiederauffinden vermisster oder verstorbener Personen ermöglichen sollen (Art. 33 III ZP I). In diesen Zentralauskunftsstellen sollen sowohl Zivilpersonen (Art. 140 GA IV) als auch Militärangehörige (Art. 123 GA III) erfasst werden.

b) Welche Aufgaben haben die nationalen Rotkreuz-/Rothalbmondgesellschaften in bewaffneten Konflikten?

aa) Wesen und Aufgaben der nationalen Rotkreuz-/Rothalbmondgesellschaften

2012 existieren weltweit 188 anerkannte Nationale Gesellschaften. Die vorrangige Aufgabe in Konfliktfällen ist die Versorgung von Verletzten und Kranken der Streitkräfte (Art. 26 GA I) sowie der Zivilbevölkerung (Art. 17 ZP I).

bb) Fortsetzung der Arbeit im Falle der Besetzung

Auch im Falle einer Besetzung können die Nationalen Gesellschaften ohne Veränderung der inneren Struktur ihre Tätigkeit, im Rahmen der Beschlüsse der internationalen Rotkreuzkonferenzen, fortführen. (Art. 63 I lit. a GA IV; 81 ZP I)

cc) Ausbildung von Hilfspersonal in Friedenszeiten

Ausdrücklich werden die nationalen Rotkreuz-/Rothalbmondgesellschaften damit beauftragt, Personen zu schulen, die im Konfliktfall bei der Umsetzung der Genfer Abkommen und der Zusatzprotokolle auf Seiten einer Konfliktpartei oder einer Schutzmacht Hilfestellung geben sollen. (Art. 6 I ZP I)

Auch sollen sie in Friedenszeiten zusammen mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz für die Verbreitung von Kenntnissen über die Genfer Abkommen und ihre Zusatzprotokolle in der breiten Öffentlichkeit sorgen.

c) Welche Aufgabe hat die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften?

Die Internationale Föderation ist der Dachverband aller anerkannten nationalen Rotkreuz-und Rothalbmondgesellschaften. Sie fördert die Entwicklung Nationaler Gesellschaften und koordiniert die internationalen Hilfen der Nationalen Gesellschaften im Falle von Natur- und technischen Katastrophen. In Konfliktfällen unterstützt sie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und die betroffenen nationalen Gesellschaften bei der Bewältigung ihrer Aufgaben.

2. Das Rote Kreuz als Schutzzeichen

a) Symbol

Das Symbol des Roten Kreuzes bzw. Roten Halbmonds und seine Verwendung sind, aufgrund seiner weitreichenden Bedeutung, streng reglementiert (Art. 38-45 GA I; 41-45 GA II). Mit dem Zusatzprotokoll vom 8. Dezember 2005 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über die Annahme eines zusätzlichen Schutzzeichens wurde der Rote Kristall als weiteres Schutzzeichen anerkannt.

b) Schutzwirkung

Erst durch die Verwendung eines Schutzzeichens werden Sanitätseinheiten, -personal und -transporte vor Angriffen geschützt.

Das Symbol des Roten Kreuzes bzw. Roten Halbmonds darf zu Schutzzwecken nur von den Sanitätsdiensten und dem Seelsorgepersonal der Streitkräfte, durch als solche anerkannte Zivilkrankenhäuser und zivile Sanitätseinheiten sowie durch Personal und auf Material Nationaler Gesellschaften und anderer anerkannter freiwilliger Hilfsgesellschaften zu Sanitätszwecken im Falle bewaffneter Konflikte angewendet werden.

Zu Kennzeichnungszwecken können diese Symbole – in kleinerer Form – durch alle Komponenten der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung verwendet werden, in Friedenszeiten mit Zustimmung der Nationalen Gesellschaften und in Übereinstimmung mit nationalem Recht auch durch Ambulanzen und unentgeltliche Hilfsposten von Dritten (Art. 44 GA I; Art. 44 GA II).

c) Missbrauch

Das Rote Kreuz bzw. der Rote Halbmond sind in den Genfer Abkommen und deren Zusatzprotokollen geschützt. (Art. 53 GA I; Art. 45 GA II; Art. 38 ZP I; Art. 12 ZP II) Eine Verwendung ist ausschließlich zur Kennzeichnung der o.g. medizinischen oder anderen humanitären Dienste und Einrichtungen, die nicht zur Vorbereitung oder Durchführung von Kampfhandlungen genutzt werden, zulässig.

In Deutschland ist der Missbrauch der Schutzzeichen mit Strafe bedroht (gemäß § 125 Ordnungswidrigkeitengesetz).

F. Der Schutz der Kombattanten sowie Mittel und Methoden der Kriegsführung

Durch das Erste Zusatzprotokoll werden nicht nur diejenigen geschützt, die nicht (mehr) aktiv an den Kampfhandlungen beteiligt sind, sondern auch die kämpfenden Soldaten. Das Erste Zusatzprotokoll schränkt darüber hinaus die Wahl der Mittel und Methoden der Kriegführung ein.

Der Verlust von Schutzrechten durch Spionage

Ein Angehöriger der am Konflikt beteiligten Streitkräfte, der dabei ertappt wird, sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen oder bewusst heimlich Informationen des Gegners zu beschaffen, gilt als Spion und genießt als solcher nicht die Schutzrechte für Kriegsgefangene.

Wenn er bei der Beschaffung der Informationen die Uniform seiner Armee trägt, so handelt es sich hierbei nicht um Spionage und der Betreffende muss als Kriegsgefangener behandelt werden. (Art. 46 ZP I)

1. Wie sind Insassen von Luftfahrzeugen geschützt?

Falls Insassen mit dem Fallschirm aus einem Luftfahrzeug, das sich in Not befindet, abspringen, dürfen diese weder während des Absprungs noch nach der Landung auf dem Boden eines von einer gegnerischen Partei kontrollierten Gebiets angegriffen werden. Vielmehr muss ihnen die Möglichkeit gegeben sein, sich vor dem Angriff zu ergeben; es sei denn, sie begehen offensichtlich eine feindselige Handlung. Luftlandetruppen sind von dieser Regelung ausgenommen. (Art. 42 ZP I)

2. Welchen Schutz genießt der außer Gefecht befindlichen Gegner?

Personen, die sich in der Gewalt einer feindlichen Partei befinden, sich unmissverständlich ergeben möchten, bewusstlos oder anderweitig durch Verwundung oder Krankheit kampfunfähig sind, dürfen nicht mehr angegriffen werden, sofern sie jede feindselige Handlung unterlassen und nicht zu entkommen versuchen (Art. 41 I und II lit. a-c ZP I). In diesen Fällen ist es auch verboten, den Befehl zu erteilen, niemanden am Leben zu lassen, dies dem Gegner anzudrohen oder die Kampfhandlungen in diesem Sinne zu führen (Art. 40 ZP I).

3. Wie muss mit Vermissten verfahren werden?

Nach dem Verbleib von Personen, die von einer gegnerischen Partei als vermisst gemeldet wurden, wird sobald die Umstände es zulassen, spätestens jedoch nach Beendigung der aktiven Feindseligkeiten, geforscht. Die Konfliktparteien sind dazu verpflichtet, alle Auskünfte über diese Personen zu geben, die zur Aufklärung ihres Verschwindens notwendig sind und somit die Suche erleichtern (Art. 33 I ZP I).

Zur Beschleunigung und Erleichterung der Suche nach Vermissten kann nur eine ordnungsgemäße Registrierung der gefangen genommen oder inzwischen verstorbenen Personen beitragen (Art. 33, II lit. a-b ZP I). Außerdem sollten die Konfliktparteien Regelungen vereinbaren, die es ermöglichen, im Kampfgebiet nach Toten zu suchen, diese zu identifizieren und zu bergen (Art. 33 IV ZP I).

4. Welche Methoden und Mittel der Kriegführung sind verboten?

Die Wahl der Methoden und Mittel der Kriegführung in einem bewaffneten Konflikt ist nicht unbeschränkt (Art. 35 I ZP I). Während der Prüfung, Entwicklung, Beschaffung oder Einführung neuer Waffen oder neuer Mittel und Methoden der Kriegführung soll zuvor festgestellt werden, ob ihre Verwendung durch das I. Zusatzprotokoll verboten wäre (Art. 36 ZP I). Es sollte ausgeschlossen werden, dass Waffen, Geschosse und Material sowie Methoden der Kriegführung verwendet werden, die überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden verursachen können (Art. 35 II ZP I).

Auch Methoden und Mittel der Kriegführung, die lang anhaltende und schwere Umweltschäden verursachen und dadurch Gesundheit oder Überleben der Bevölkerung gefährden, sind streng verboten (Art. 35 III ZP I; Art. 55 I ZP I).

5. Ist Heimtücke im Krieg erlaubt?

Ein Gegner darf nicht unter Anwendung von Heimtücke getötet, verwundet oder gefangen genommen werden (Art. 37 I ZP I). Folgende Handlungen gelten als Beispiele für Heimtücke:

a) das Vortäuschen der Absicht, unter einer Parlamentärflagge zu verhandeln oder sich zu ergeben;
b) das Vortäuschen von Kampfunfähigkeit infolge von Verwundung oder Krankheit;
c) das Vortäuschen eines zivilen oder Nichtkombattantenstatus;
d) das Vortäuschen eines geschützten Status durch Benutzung von Abzeichen, Emblemen oder Uniformen der Vereinten Nationen oder neutraler bzw. anderer nicht am Konflikt beteiligter Staaten (Art. 37a-d ZP I);
e) auch die Embleme, Abzeichen und Uniformen des Gegners dürfen nicht verwendet werden.

Kriegslisten, wie zum Beispiel Tarnung, Scheinstellungen, Scheinoperationen und irreführende Informationen, sind nicht verboten (Art. 37, II ZP I).

6. Gibt es entmilitarisierte Zonen?

Durch eine mündliche oder schriftliche Vereinbarung können die Grenzen einer entmilitarisierten Zone so präzise wie möglich festgelegt werden (Art 60 II ZP I). Falls so eine Vereinbarung besteht, dürfen die Konfliktparteien ihre Kriegshandlungen nicht auf diese entmilitarisierte Zone ausdehnen (Art. 60 I ZP I). Damit jedoch zunächst eine Zone als entmilitarisiert anerkannt werden kann, sind folgende Voraussetzungen zu beachten und zu erfüllen:

a) alle Kombattanten sowie bewegliche Waffen und die bewegliche militärische Ausrüstung müssen verlegt worden sein,
b) ortsfeste militärische Anlagen oder Einrichtungen dürfen nicht zu feindseligen Handlungen benutzt werden,
c) Behörden und Bevölkerung dürfen keine feindseligen Handlungen begehen und
d) jede mit militärischen Anstrengungen im Zusammenhang stehende Tätigkeit muss eingestellt worden sein (Art. 60, III lit. a-d ZP I).

Wenn sich aber Personen in dieser Zone aufhalten, die durch dieses Abkommen und dieses Protokoll besonders geschützt oder Polizeikräfte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zurückgeblieben sind, sind die Voraussetzungen für eine entmilitarisierte Zone ebenfalls erfüllt (Art. 60 IV ZP I).

Damit die Neutralität der entmilitarisierten Zone gewahrt bleiben kann, sollte diese mit einem Zeichen kenntlich gemacht werden, das mit der anderen Partei vereinbart wurde und an Stellen angebracht ist, die deutlich sichtbar sind, wie zum Beispiel an Ortsenden, den Grenzen der Zone und an den Hauptstraßen (Art. 60 V ZP I).

7. Was sind unverteidigte Orte?

Jeder zur Besetzung offenstehende bewohnte Ort, der sich in der Nähe oder innerhalb einer Zone befindet, in der Streitkräfte miteinander in Berührung gekommen sind, muss folgende Voraussetzungen erfüllen, um zum unverteidigten Ort erklärt zu werden:

a) alle Kombattanten sowie bewegliche Waffen und die bewegliche militärische Ausrüstung müssen verlegt worden sein,
b) ortsfeste militärische Anlagen oder Einrichtungen dürfen nicht zu feindseligen Handlungen benutzt werden,
c) Behörden und Bevölkerung dürfen keine feindseligen Handlungen begehen und
d) es darf nichts zur Unterstützung von Kriegshandlungen unternommen werden (Art. 59 II lit. a-d ZP I).

Wenn sich aber Personen an diesem Ort aufhalten, die durch dieses Abkommen und dieses Protokoll besonders geschützt oder Polizeikräfte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zurückgeblieben sind, sind die Voraussetzungen für einen unverteidigten Ort ebenfalls erfüllt (Art. 59 III ZP I).

Wenn ein Ort letztendlich zu einem unverteidigten Ort ernannt wird, dürfen die Konfliktparteien diesen nicht mehr angreifen (Art. 59 I ZP I). Damit die Neutralität eines unverteidigten Ortes gewahrt bleiben kann, sollte dieser mit einem Zeichen kenntlich gemacht werden, welches mit der anderen Partei vereinbart wurde und an Stellen angebracht ist, die deutlich sichtbar sind, wie zum Beispiel an Ortsenden, den Außengrenzen der Zone und an den Hauptstraßen (Art. 60 VI ZP I).

8. Was muss der Angreifer zum Schutz der gegnerischen Zivilbevölkerung beachten?

Bei bewaffneten Feindseligkeiten soll stets darauf geachtet werden, dass die Zivilbevölkerung, Zivilpersonen und zivile Objekte von Angriffen verschont bleiben (Art. 57 I ZP I), damit Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen und Beschädigung ziviler Objekte vermieden werden. Dabei sind Vorsichtsmaßnahmen bei der Wahl der Angriffsmittel und -methoden zu treffen und von jedem Angriff Abstand zu nehmen, bei dem mit den oben genannten Folgen zu rechnen ist (Art. Art 57 II lit. a/ii und II lit. a/iii ZP I).
Des weiteren ist sicherzustellen, dass die Angriffsziele nur militärischer Art sind und sobald sich das Gegenteil erweist, sind diesbezügliche Angriffe endgültig oder vorläufig einzustellen (Art. 57 II lit. a/i und II lit. b ZP I). Falls Angriffe geplant sind, bei denen die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen werden kann, muss eine wirksame Warnung vorausgehen (Art. 57 II lit. c ZP I).

Wenn eine Wahl zwischen mehreren militärischen Zielen besteht, um einen vergleichbaren militärischen Vorteil zu erringen, ist dasjenige zu wählen, das die wenigsten Opfer und Zerstörung von zivilen Objekten mit sich bringt (Art. 57 III ZP I). Zur Verhinderung solcher Situationen müssen Konfliktparteien es vermeiden, innerhalb oder in der Nähe dicht bevölkerter Gebiete militärische Ziele anzulegen. Ist dies nicht zu umgehen, so müssen sowohl die Zivilbevölkerung als auch zivile Objekte aus dieser Umgebung entfernt werden (Art. 58 lit. a-b ZP I).

G. Einige wichtige Begriffe

Besetzung

Gemäß Art. 42 der Haager Landkriegsordnung vom 18. Oktober 1907 gilt ein Gebiet als besetzt, „wenn es sich tatsächlich in der Gewalt eines feindlichen Heeres befindet.“ Erforderlich ist hierfür, dass die Besatzungsmacht auch tatsächlich in der Lage ist, der Zivilbevölkerung Anweisungen zu geben und auch durchzusetzen. Noch umkämpfte Gebiete gehören folglich nicht dazu.

Bestrafung von Verstößen

Im Rahmen der Genfer Abkommen und der Zusatzprotokolle werden die nationalen Regierungen verpflichtet, entsprechenden Regelungen in ihre strafrechtlichen Vorschriften aufzunehmen. (Art. 49 GA I; Art. 50 GA II; Art. 129 GA III; Art. 146 GA IV) Interessant ist in diesem Zusammenhang die Regelung im I. Zusatzprotokoll, die einem Staat im Rahmen der Verantwortlichkeit für von seinen Angehörigen begangenen Verstöße einem Schadensersatzanspruch unterwirft. (Art. 91 ZP I)
Ebenso werden Verletzungen der hier aufgeführten Garantien als Verbrechen in Art. 8 des „Statut für die Einrichtung eines internationalen Strafgerichtshofs“ ausgewiesen.
In Deutschland finden Ahndungen von Verstößen v.a. über das Völkerstrafgesetzbuch statt.

Ersatzschutzmacht

Siehe Schutzmächte

Geschützte Person

Hierunter ist nicht ein einheitlicher Personenkreis zu verstehen, sondern immer die Gruppe von Personen, die mit den konkreten Abkommen oder Protokollen geschützt werden soll. Dies wären im Einzelnen:

I. Genfer Abkommen = Verwundete und Kranke der Streitkräfte
II. Genfer Abkommen = Verwundete, Kranke und Schiffbrüchige der Streitkräfte zur See
III. Genfer Abkommen = Kriegsgefangene
IV. Genfer Abkommen = Zivilpersonen in feindlichen Ländern

  1. Zusatzprotokoll = Personen, die durch internationale Konflikte betroffen sein können
  2. Zusatzprotokoll = Personen, die durch nicht-internationale Konflikte betroffen sein können

Gewahrsamsstaat

Der Staat, der eine Person festhält.

Internierung

Kriegführende Staaten haben das Recht, Angehörige der feindlichen Staaten zu internieren. Im Falle einer Internierung werden die Betroffenen im Regelfall in Internierungslager verbracht und dort unter Bewachung gestellt. Die Internierung darf eigentlich nur dann angewandt werden, wenn Sicherheitsinteressen des betreffenden Landes bedroht oder verletzt werden.
Auch neutrale Staaten haben die Möglichkeit, Angehörige kriegführender Staaten zu internieren.

Kombattanten

Im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung ist generell zu unterscheiden zwischen Kombattanten und Zivilpersonen.
Als Kombattanten werden die regulären Angehörigen der Streitkräfte mit Ausnahme des Sanitäts- und Seelsorgepersonals angesehen.
Mitglieder von Miliz- und Freiwilligenverbänden sind Kombattanten gleichgestellt, vorausgesetzt, dass sie

a) eine Organisationsstruktur haben,
b) ein von weitem erkennbares Zeichen tragen,
c) die Waffen sichtbar bei sich führen und
d) sich während der Kämpfe an die Gesetze und Gebräuche des Krieges halten.

Haben Personen, die einer der oben bezeichneten Gruppe angehören, keinen Kampfauftrag, gelten sie trotzdem nicht als Zivilpersonen.
Das Sanitäts- und Seelsorgepersonal hat eine Sonderstellung, auf die unter dem Stichwort „Das Rote Kreuz als Schutzzeichen“ näher eingegangen wird.

Mindestgarantien

Im Bezug auf Personen in Konfliktgebieten, die nicht an Kampfhandlungen teilnehmen, lassen sich die Rechte auf einen Mindestgarantienkatalog zusammenkürzen, von dem sich alle anderen Garantien ableiten.

Das Recht auf Schutz von Leben und Gesundheit.

  1. Keine willkürlichen Tötungen
  2. Adäquate medizinische Versorgung
  3. Ausreichende Nahrung
  4. Den Witterungsbedingungen angepasste Unterbringung und Kleidung

Das Recht auf menschenwürdige Behandlung

  1. Schutz der persönlichen Ehre
  2. Berücksichtigung der besonderen Situation von Frauen und Kindern
  3. Angemesse Bestattung
  4. Disziplinarsystem nach rechtsstaatlichen Grundsätzen

Das Recht auf möglichst freie Entfaltung der Persönlichkeit

  1. Freie Ausübung der eigenen Religion
  2. Erhaltung des persönlichen Eigentums

Wird dauerhaft und ungerechtfertigt gegen diese Grundsätze verstoßen, kann sich der Betroffene an die zuständigen Behörden, die Schutzmacht, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz oder die nationale Rotkreuz-/Rothalbmondgesellschaft wenden.

Repressalie

Eine Repressalie ist die Beantwortung einer Rechtsverletzung mit einer Handlung, die ebenfalls gegen geltendes Recht verstößt, aber ausnahmsweise gerechtfertigt ist, wenn sie das Ziel hat, den rechtswidrig handelnden Gegner zur Aufgabe seines rechtsverletzenden Verhaltens zu bewegen, verhältnismäßig ist und nicht gegen ein explizites Repressalienverbot (z.B. gegen Kriegsgefangene in GA III) verstößt.

Schutzmächte

Die Schutzmächte haben den Auftrag, die Interessen der am Konflikt beteiligten Parteien wahrzunehmen. (Art. 5 I ZP I) Sie dienen der Kommunikation der Kriegsparteien untereinander und übernehmen auch den Austausch der Gefangenenpost. Gleichzeitig überwachen sie auch im Rahmen der Genfer Abkommen und der Zusatzprotokolle die Einhaltung der Regeln durch die Kriegführenden. Hierzu haben Schutzmächte das Recht, jederzeit Gefangenen- (Art. 126 GA III) oder Internierungslager (Art. 143 GA IV) zu besuchen.

Jedes an einem Konflikt beteiligte Land hat eine Schutzmacht zu benennen. Versäumt ein Land dieses, so bietet das Internationale Komitee vom Roten Kreuz seine Dienste an. Wird dies akzeptiert, bezeichnet man es als Ersatzschutzmacht.

Soldaten

Der Begriff Soldaten ist in den Genfer Abkommen und ihren Zusatzprotokollen nicht definiert. Das (deutsche) Soldatengesetzt besagt: „Soldat ist, wer auf Grund der Wehrpflicht oder freiwilligen Verpflichtung in einem Wehrdienstverhältnis steht.“ (§ 1, Abs. 1) Im Zuge des Textes „Genfer Abkommen – leicht verständlich“ wird der Soldaten-Begriff analog zum Kombattanten-Begriff verwandt.

Zivilpersonen

Personen, die nicht als Kombattant angesehen werden, gelten als Zivilpersonen.

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